Wildcat-Zirkular Nr. 44 - April 1998 - S. 44-62 [z44iraku.htm]


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Träume vom Irak - in den USA

(In the US, Dreaming of Iraq) [Englische Originalfassung]

von George Caffentzis (Midnight Notes, P.O. Box 204, Jamaica Plain, MA 02130, gcaffentz@aol.com)

»'Ich bin kein Verbrecher. Ich bin neu in Kairo, ich wohne in Bagdad.' Er erzählte die Geschichte von seinem Traum und dem vergrabenen Schatz. Er erzählte so überzeugend, daß der Nachtwächter anfing zu weinen. Der Duft der Wahrheit hat stets diese Wirkung.« (Rumi: In Baghdad, Dreaming of Cairo - In Cairo, Dreaming of Baghdad, 1260-1273, Rumi 1996: 210)

Einleitung

Kaum sieben Jahre nach einem großangelegten Militärschlag, der im Irak Industrie, Krankenhäuser, Wasserleitungen und Abwasserkanäle verwüstete, der tausende zivile Opfer forderte und auch unter den amerikanischen Soldaten zu weitverbreiteten Krankheiten führte, bereitetet sich die US-Regierung im Februar 1998 auf einen erneuten Krieg gegen den Irak vor. Die Clinton-Regierung kleidete ihre Begründungen für die Einleitung dieses Kriegs - die sich in bemerkenswerter Weise von Woche zu Woche veränderten - in eine dramatische Sprache. In einer Versammlung in der Stadthalle von Columbus (Ohio) erklärte Außenministerin Albright: »Es ist für uns sehr wichtig klarzustellen, daß die Vereinigten Staaten und die zivilisierte Welt nicht mit jemandem verhandeln kann, der zum Einsatz von Massenvernichtungswaffen gegen sein eigenes Volk - ganz zu schweigen von den benachbarten - bereit ist.« In derselben Versammlung wiederholte Albright: »Wir sind besorgt wegen Saddam Hussein, der schon in der Vergangenheit Massenvernichtungswaffen gegen Nachbarländer und gegen das eigene Volk eingesetzt hat. Er ist ein brutaler Diktator, der sein Volk terrorisiert und die Region bedroht ... unsere Politik zielt darauf, ihn einzudämmen; das ist es, was wir versuchen« (NYT = The New York Times, 19.2.98, A5).

Die Schlüsselworte für die Rechtfertigung der US-Politik waren »Massenvernichtungswaffen« und »tyrannische Herrschaft«. [1] Laut Präsident Clinton bestanden die Kriegsziele der USA darin, die irakische Regierung zu schwächen und ihre Fähigkeit zur Entwicklung und zur Produktion von Massenvernichtungswaffen »wesentlich zu beeinträchtigen oder diese zu verzögern« (NYT, 13.2.98, A1). Der Kommandant der US-Streitkräfte im Persischen Golf, General Zinni, erklärte, er wolle diese Ziele durch die Zerstörung »der Dinge, die es Saddam Hussein offensichtlich erlauben, an der Macht zu bleiben, seine Nachbarn zu bedrohen und mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen zu drohen« erreichen, »eben der Dinge, die dafür erforderlich sind« (NYT, 12.2.98, A6).

Die Reaktionen des Publikums bei der berühmten Versammlung in der Stadthalle von Columbus zeigten jedoch, daß solche Rechtfertigungen die meisten Menschen nicht überzeugen konnten. An den Fragen und ihrer Beantwortung wurde deutlich, daß die Clinton-Regierung keineswegs offen über ihre wirklichen Kriegsziele sprach. So erklärte einer aus dem Publikum: »Es gibt viele Länder, die über diese biologischen und chemischen Waffen verfügen - allein im Mittleren Osten sind es sechs. Sie haben betont, warum Saddam Hussein herausgegriffen werden sollte, aber die Leute fragen sich etwas verwundert, warum es bei diesen anderen Ländern in Ordnung sein soll, daß sie über biologische und chemische Waffen verfügen.« Jemand anderes fragte Verteidigungsminister Cohen, »ob er der Ansicht sei, daß das wichtigste Ziel dieser speziellen Aktion die endgültige Entfernung von Saddam Hussein aus der Regierung sein sollte«. Cohen erwiderte, die Entfernung von Hussein »würde den Einsatz von massiven Landstreitkräften erfordern, aber wir denken nicht, daß dies nötig ist, um ihn einzudämmen. Wir denken, wir können ihn eindämmen, wie wir es in den letzten sieben Jahren getan haben, und dem irakischen Volk zu einem bestimmten Zeitpunkt die Möglichkeit geben, selber darüber zu entscheiden, ob sie weitere sieben Jahre der Entbehrung wollen« (NYT, 19.2.98, A9). Während es also Minister Cohen nur um die »Eindämmung« von Saddam Hussein ging, wollte General Zinni seine Macht zerstören.

Bei der Versammlung in der Stadthalle von Columbus kam ein im ganzen Land und überall auf der Welt verbreitetes Gefühl zum Ausdruck, die Clinton-Regierung würde etwas verheimlichen. War es etwa tatsächlich so wie im Film »Wag the Dog - Wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt«? War der angedrohte Krieg nur ein Ablenkungsmanöver von einem erbärmlichen Sexskandal, oder gab es eine andere Erklärung? Die Vertreter der Clinton-Regierung hielten schon deswegen unbeirrt an ihrer offiziellen Version fest, weil sie - egal wie unglaubwürdig sie war - die Kriegsgegner in die Defensive brachte. Denn wer will schon geheime Massenvernichtungswaffen oder ein tyrannisches Regime verteidigen? Ich werde in diesem Aufsatz eine andere Erklärung dafür entwickeln, warum die USA auf ihrem Feldzug gegen den Irak bestanden, und einige Gründe anführen, warum Menschen in den USA gegen diesen Krieg sein sollten.

Alternative Erklärungen sind notwendig, um gegen die ständig drohende Gefahr eines Krieges vorgehen zu können. Denn auch wenn die Vereinbarung zwischen UN-Generalsekretär Kofi Annan und der irakischen Regierung die unmittelbare Gefahr eines Krieges abgewendet zu haben scheint, gibt es gute Gründe für die Auffassung, daß die US-Regierung ein lebhaftes Interesse daran hat, ähnliche Episoden in der Zukunft anzuzetteln. Mit einer solchen Strategie der Spannung läßt sich die Aufhebung der Sanktionen hinauszögern und der Verkauf irakischen Erdöls in den kommenden Jahren einschränken. Wir sollten daher gute Argumente haben, denn wir könnten schon bald auf sie angewiesen sein.

Zudem ist eines der Hauptargumente der Kriegsgegner - ein Krieg würde das Leben von Unschuldigen im Irak kosten - zwar moralisch richtig, aber politisch chwach. Seine moralische Gültigkeit ist offensichtlich. Es ist bekannt, daß die Flächenbombardements und die dem Irak auferlegten Sanktionen, die die Einfuhr von Nahrungsmitteln und Medikamenten einschränken, zusammengenommen für den Tod von hunderttausenden irakischen Menschen, vor allem Kindern, verantwortlich sind. [2] Und wir können uns leicht vorstellen, daß Bombardierungen in der Art, wie sie General Zinni vorschweben, zu einem Gemetzel und einer Verwüstung unvergleichlichen Ausmaßes führen würden.

Leider haben solche Überlegungen die Bevölkerung der USA nie dazu bewegen können, ernsthaft zu versuchen, ihre Regierung von Massenbombardements abzuhalten, außer vielleicht im Fall von Vietnam. Und wenn der Krieg erst einmal angefangen hat, liegen die militärischen Entscheidungen ohnehin nicht mehr in der Hand des Volkes. Aber wenn wir uns nicht an die Herzen der Menschen in den USA wenden können, sollten wir uns auf ihre eigenen Interessen beziehen, indem wir zeigen, daß der Krieg gegen den Irak in einem größeren Zusammenhang steht, von dem die Arbeiterklasse in den USA betroffen ist und der uns zum Widerstand gegen den Krieg herausfordert.

Um erklären zu können, warum sich die US-Regierung für die Androhung eines Angriff auf den Irak entschieden hat, müssen wir über die offiziellen Rechtfertigungen hinausgehen und uns die kurz- und langfristigen materiellen Interessen der US-Regierung in dieser Region klarmachen sowie die Rolle, die der Irak in der internationalen Öl- und Gasproduktion spielt. Dabei wir deutlich werden, daß der Angriff auf den Irak Bestandteil einer Politik des Öls und der »Globalisierung« ist, die von den USA auch in vielen anderen Regionen und Konflikten der Welt betrieben wurde, wie jüngst im Fall der Asienkrise.

Offizielle Verlautbarungen und das Kleingedruckte

Am Ende des Golfkriegs wurden zwischen der irakischen Regierung und den Vereinten Nationen eine Reihe von Vereinbarungen getroffen. Eine der umstrittensten war das Recht der Vereinten Nationen die Suche und Zerstörung von »Massenvernichtungswaffen« durchzuführen, die der irakische Staat möglicherweise produziert. Das Inspektionsteam der UNO, das diese Such-und-Zerstör-Mission leitet, heißt »UN Special Commission« (UNSCOM); ihr gegenwärtiger Leiter ist Richard Butler, ein ehemaliger australischer Botschafter in Indonesien. Wenn die UNSCOM eines Tages ihre Aufgabe abgeschlossen hat, sollen - voraussichtlich - die Sanktionen aufgehoben werden.

Ihre Androhung einer Bombardierung des Iraks begründete die Clinton-Regierung damit, daß die irakische Regierung dieses Abkommen verletzt habe. Stimmte das? Unmittelbar vor der Ankunft von Generalsekretär Kofi Annan in Bagdad am 21. Februar 1998 gab es anscheinend zwei Auffassungen darüber, wie die ursprüngliche Vereinbarung umzusetzen sei. (A) Die Irakis hatten sich damit einverstanden erklärt, daß die UNSCOM-Inspektoren sechzig Tage lang Zutritt zu acht Palastanlagen erhalten, die eine Vielzahl von Gebäuden, u.a. auch Wohnsitze von Saddam Hussein umfassen. Sie waren außerdem damit einverstanden, daß die Inspektionsteams ihre Berichte unmittelbar an den UN-Generalsekretär ablieferten, nicht aber an Mr. Butler. (B) Die USA betonten hingegen: die UN-Inspektoren »müssen ihrer Arbeit ohne Behinderungen, ohne Bedingungen und ohne zeitliche Einschränkungen nachgehen können« und sollen ihre Berichte weiterhin an Mr. Butler abliefern (NYT, 17.2.98).

Es ging also nicht darum, ob die Inspektionen fortgesetzt werden könnten, sondern wie sie durchzuführen seien. Die irakischen Behörden wollten eine genaue Festlegung der Vereinbarungen (hinsichtlich der Zeiten, Plätze und Personen), während die USA eine allgemeine Lesart der Vereinbarungen forderten. Die Konfrontation bestand zwischen der Position des Iraks, der acht Orten und sechzig Tagen zustimmte, und der Position der USA, die Inspektionen an allen Orten zu jeder Zeit verlangte.

Das Beharren der irakischen Regierung auf einer Festlegung der Bedingungen bei der Interpretation der Vereinbarung beruhte auf ihrem Wunsch, wenigstens einen Rest von Souveränität zu behalten. Sie verlangte, im Laufe der Durchführung jederzeit erneut über die Bedingungen verhandeln zu können, und eine zeitliche Terminierung der Inspektionen, nach der die Sanktionen aufzuheben seien.

Die US-Regierung beansprucht hingegen das Recht zur Durchführung einer absoluten Aufsicht über das gesamte irakische Territorium für eine unbegrenzte Zeitdauer. Sie verlangt das absolute Recht zur Kontrolle und Zerstörung aller Einrichtungen, die zur Entwicklung und Produktion von Massenvernichtungswaffen führen könnten. Diese Forderung läuft faktisch darauf hinaus, von der irakischen Nation zu verlagen, eine vorindustrielle Kolonie zu werden, die bestenfalls Rohöl produziert. Seit der Ökologiebewegung wissen wir, daß so gut wie jede industrielle Entwicklung potentiell eine Massenvernichtungswaffe ist oder die Entwicklung solcher Waffen ermöglicht. Jede petrochemische Industrie macht z.B. chemische Waffen möglich; jede Luftfahrtindustrie macht Flugobjekte für ihren Transport möglich; jede biotechnische oder pharmazeutische Industrie macht biologische Waffen möglich. Die USA verlangen faktisch also nicht nur die Eliminierung der Souveränität der irakischen Regierung über ihr Territorium, sondern die totale Kontrolle über die zukünftige industrielle Entwicklung der irakischen Nation, wenn nicht sogar die völlige Zerstörung ihrer industriellen Kapazitäten.

Hinter der scheinbar formalen Frage bezüglich der Interpretation des Abkommens verbirgt sich eine sehr viel grundlegendere: ob die herrschende Baath-Partei die Rückkehr des Iraks zu einem kolonialen, abhängigen Status hinnehmen wird. Das ist genau das, was Juristen des internationalen Rechts einen »casus belli« (ein kriegsauslösendes Ereignis) nennen.

Die Krise wurde abgewendet, als sich die irakische Regierung entschied, die von Kofi Annan am 23. Februar 1998 in Bagdad vorgeschlagene Interpretation des Abkommens zu akzeptieren. Für den Moment schien diese Interpretation eine ausreichende diplomatische »Ausklammerung von Differenzen« zu sein. Sie hob die zeitliche Beschränkung der Inspektionen auf sechzig Tage auf, blieb aber bei der Einschränkung auf die acht Anlagen. Außerdem enthielt sie eine Geste der Anerkennung der irakischen Souveränität, indem eine Gruppe von ehemaligen Diplomaten in das »technische« Team der UNSCOM aufgenommen wurde, das die Präsidentenpaläste untersuchen soll. Irakischen Angaben zufolge hatten sich dessen Mitglieder arrogant und respektlos verhalten. Die Bezugnahme des Dokuments auf die »legitimen Bedenken des Iraks bezüglich seiner nationalen Sicherheit, Souveränität und Würde« und auf die »Aufhebung der Sanktionen« scheinen ausgereicht zu haben, um die irakische Regierung zu beschwichtigen (NYT, 24.2.98). Aber die grundlegenden Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regimen der USA und des Iraks bezüglich der politischen Souveränität und ökonomischen Unabhängigkeit des Iraks bleiben bestehen und werden in der Zukunft weiter zu Spannungen führen.

Denn die US-Regierung besteht darauf, daß Verhandlungen mit der irakischen Regierung über die Bestimmungen der Vereinbarung und über die Aufhebung der Sanktionen unzulässig sind - und dabei geht es um Bestimmungen, die das Territorium und die Wirtschaft des Iraks betreffen. Die Clinton-Regierung macht die Ansprüche eines absoluten Herrschers geltend, der kein anderes Recht auf seiner Seite hat, als die militärische Überlegenheit. Aufgrund dieser militärischen Macht haben die Regierung der USA und die mit ihr verbündeten transnationalen Konzerne in der letzten Zeit sämtliche Handelsschranken und politischen Barrieren niedergerissen, wann immer sie dem nationalen Interesse der USA oder den Interessen der Konzerne im Wege standen. Die jüngste Machtprobe mit dem Irak war nichts anderes, nur daß sie mit dem Wohlergehen der gesamten Menschheit begründet wurde und die USA als der mittelalterliche Ritter auftrat, der mit dem schrecklichen Drachen kämpft und zuguterletzt der Gerechtigkeit zum Sieg verhilft.

Es fällt aber nicht leicht, Präsident Clinton - den Befürworter des IWF, von NAFTA, des Multinationalen Investitionsabkommens (MAI) und all den anderen von Konzernen gesponserten Institutionen und Verträgen - als heiligen St. Georg darzustellen, der seine Lanze zum Schutz der Armen und Schwachen erhebt. Für die ständige Versuchung, einen Krieg gegen den Irak anzuzetteln, gab und gibt es in der Tat profanere Gründe. Sie haben etwas mit dem Preis und der Verfügbarkeit von Rohöl zu tun.

Das Geheimnis des Erdöls

»Wahrscheinlich werden die Sanktionen nicht aufgehoben werden, wenn der Irak irgendeiner neuen Abschaffung eines Waffensystems oder einer neuen Inspektion seiner Feuerstellungen zustimmt, sondern wenn er das Öl zu US/UN-Bedingungen verkauft.« (Midnight Notes 1992; Thekla 17, S. 46)

Seit langem ist klar, daß Öl ein Hauptgrund für den Golfkrieg war. Am anschaulichsten wurde dies im Slogan der Anti-Golfkriegs-Bewegung von 1990/91 ausgedrückt: »Kein Blut für Öl!« Dabei war jedoch oft umstritten, welche Rolle das Öl genau spielte. Einige meinten damals, das Interesse der USA an »billigem Öl« hätte zur Konfrontation mit dem Irak geführt. Aber der US-Regierung ging es nie um irgendeinen bestimmten Preis für Rohöl. 1974 hatte die US-Regierung z.B. den Saudis grünes Licht für eine dramatische Ölpreiserhöhung gegeben. 1986 hingegen ließ sie Libyen bombardieren und köderte den Iran mit Geld und Waffen, um den Ölpreis zu senken (Midnight Notes 1992, S. 6-7, 283-301). Die Reaktion der USA bezog sich nicht auf die Forderung des irakischen Staats nach hohen Ölpreisen, sondern auf seinen verzweifelten Versuch von 1990/91, die militärische und ökonomische Kontrolle der USA über das Öl am persischen Golf zu umgehen. Daran hat sich seit dem Golfkrieg wenig geändert.

Ein Schlüssel zum Verständnis der gegenwärtigen Situation liegt darin, daß es der irakischen Regierung gelungen ist, sich trotz sieben Jahren der totalen militärischen Überwachung und der Wirtschaftssanktionen nicht völlig der militärischen Unterordnung und wirtschaftlichen Abhängigkeit zu ergeben, die die USA von den Staaten in der Region verlangten. Der irakische Staat besteht immer noch auf einer gewissen Kontrolle über seine nationalen Ressourcen und seinem unabhängigen Zugang als Verkäufer zum globalen Ölmarkt. Zum Beispiel hat der irakische Staat größere Abkommen mit einer Reihe von nicht-US-amerikanischen Ölkonzernen über eine gemeinsame Entwicklung von Ölfeldern im Irak nach Aufhebung der Sanktionen getroffen. Solche Abkommen gibt es mit französischen Firmen wie Elf Aquitaine und Total SA (über Felder von 12,5 Mrd. Barrel [ein Barrel sind 159 Liter]) und russischen Firmen wie Lukoil, Zabrubezneft und Mashinoimport (über Felder von 7,5 Mrd. Barrel). Die einzigen Firmen, die nach einer Aufhebung der Sanktionen von der Goldgrube der Ölerschließung ausgeschlossen sein werden, sind die aus den USA - solange das Regime von Saddam Hussein nicht irgendwie vom Gegenteil überzeugt werden kann (Wall Street Journal, 23.2.98, A17).

Wirtschaftlich hat sich die Situation im Vergleich zu Zeit während des Golfkriegs von 1991 umgekehrt. 1990 waren die irakischen Behörden die wichtigsten Befürworter von Ölpreiserhöhungen in der Opec (Organisation Erdöl exportierender Länder). Sie verlangten einen Preis von 25 US-Dollar pro Barrel, und eine der offiziellen Begründungen für den Krieg war, daß Kuwait sich nicht an seine Opec-Quoten halte und den Ölpreis herunterdrücke. 1998 ist der Irak objektiv betrachtet keine Kraft für höhere Ölpreise. Die vollständige Rückkehr des irakischen Erdöls auf den internationalen Ölmarkt würde zu einer deutlichen Senkung des Ölpreises führen. 1994 schätzte die Clinton-Regierung, daß nach einer vollständigen Aufhebung der Sanktionen die Rückkehr des irakischen Öls auf den Weltmarkt den Ölpreis um fast 50 Prozent drücken würde, und es gibt keine Gründe, warum dies heute nicht immer so sein sollte. Ein solcher Preiseinbruch würde die internationalen Ölfirmen in der jetzigen Situation besonders treffen: auf der einen Seite gehen sie davon aus, daß umfassende neue, profitable Investitionen in Ölexploration und -förderung gemacht werden müssen (vor allem in den ehemaligen nicht-russischen Sowjetrepubliken), auf der anderen Seite sind sie aufgrund der »Asien-Krise« mit einem Rückgang der kurzfristigen Nachfrage konfrontiert (Beck 1998). Ein derartiger Zusammenbruch des Ölpreises würde auch die gegenwärtige Kontrollstruktur der Opec aushöhlen (wo Saudi-Arabien, ein Vasalle der USA, das Sagen hat), und die Kapitalisten der inländischen »Ölpfützen« in Texas und Louisiana ruinieren. Das wären kurzfristig keine kleinen Verlierer und zusammen mit der US-Regierung verfügen sie über eine enorme Macht.

Um diesen Zusammenhang richtig verstehen zu können, müssen wir uns die Ölpreispolitik seit dem Golfkrieg anschauen. Dieser Krieg war ein Vier-Dollar-Krieg, denn eine der entscheidenden Fragen, um die es ging, war der Ölpreis in den 90er Jahren. Eine verzweifelte irakische Regierung, die das Land nach dem Krieg mit dem Iran wieder aufzubauen versuchte und unter dem Druck des einfachen Volkes stand, hatte auf dem letzten Opec-Treffen vor dem Golfkrieg als Zielgröße für den Ölpreis 25 US-Dollar pro Barrel verlangt. Das saudiarabische Regime forderte hingegen mit Unterstützung der USA einen Preis von 21 US-Dollar - eine Differenz von vier Dollar. Das Baath-Regime war 1990 verzweifelt, weil es von zwei Seiten unter Druck stand: auf der einen Seite forderte das irakische Proletariat nach fast einem Jahrzehnt des Kriegs mit dem Iran eine »Entschädigung« in Form besserer Lebensbedingungen, auf der anderen Seite verlangten der Internationale Währungsfonds, die USA und die Vereinten Nationen die Privatisierung der Staatsindustrien und die Einstellung von Subventionen, also die Durchsetzung von Austeritätspolitik und Strukturanpassung. Der Einmarsch in Kuwait war ein kalkuliertes Risiko, um sowohl gegenüber der irakischen Arbeiterklasse wie gegenüber IWF/USA/UN einen gewissen Spielraum zu gewinnen (durch Konzessionen seitens Kuwaits und anderen Teilen des Kapitals im Mittleren Osten im Austausch gegen einen Rückzug aus Kuwait). Die Invasion erschien auch deshalb als realistische Option, weil es für die USA keine wirkliche Alternative zur Baath-Partei gab. In gewissem Sinne hat die Invasion tatsächlich das Baath-Regime gerettet und zugleich eine Austeritätspolitik gegen das irakische Volk durchgesetzt.

Saudi-Arabien gewann die Debatte mit dem Irak über den Ölpreis auf dem letzten Opec-Treffen vor dem Golfkrieg und in der Realität bis 1997. Der Ölpreis schwankte auf dem internationalen Markt zwischen 1992 und Anfang 1997 um etwa 19-20 US-Dollar (mit einem Tiefpunkt von 14 US-Dollar Ende 1993 und einem Hochpunkt von 25 US-Dollar Anfang 1997). 1996 war der Ölpreis so stark angestiegen, daß sich viele fragten, ob sich die von Ölexperten vor dem Golfkrieg gemachte Vorhersage, der Ölpreis werde zu Beginn des nächsten Jahrhunderts auf 40 US-Dollar steigen, doch noch erfüllen sollte.

Nach vielen Schicksalswendungen kam es aber dann zur »Öl-für-Nahrungsmittel«-Vereinbarung (»Oil-For-Food«) zwischen der irakischen Regierung und dem UN-Sicherheitsrat (Resolution 986) und damit am 7. Januar 1997 zu einer stark regulierten und eingeschränkten Rückkehr von irakischem Erdöl auf den Weltmarkt, was zu einem dramatischen Zusammenbruch des Ölpreises führte. Innerhalb von zwei Monaten (von Januar bis März) fiel er von 24 US-Dollar auf 18 US-Dollar und liegt ein Jahr später bei 15-16 US-Dollar (am 20. Februar 1998 betrug er z.B. 16,18 US-Dollar).

Die USA versuchten mit diplomatischen und militärischen Mitteln, das Programm »Öl für Nahrungsmittel« zu verhindern. Der letzte Angriff auf den Irak - der Abschuß von 27 Marschflugkörpern am 9. September 1996 - verzögerte die Umsetzung der Resolution tatsächlich um fast vier Monate. Aber er konnte die »Öl-für-Nahrungsmittel«-Diplomatie nicht völlig aufhalten. Die US-Diplomaten hatten bei der Abfassung der Resolution dafür gesorgt, daß ihre Durchführung bei dem kleinsten Problem oder Zwischenfall ausgesetzt werden kann. Erstens gestattet sie nur den Verkauf von 700 000 Barrel pro Tag, was lediglich zwanzig Prozent der 3,5 Mio. Barrel sind, die der Irak vor dem Golfkrieg täglich exportiert hatte. Zweitens wird in einem wesentlichen Teil der Vereinbarung bestimmt, daß im ganzen Land 151 Beobachter der UNDHA (UN Departement of Humanitarian Affairs) darüber zu wachen haben, daß die mit den Öleinkünften gekauften Lebensmittel entsprechend einem vereinbarten System von Rationierungskarten an über 60 000 Einzelhändler im gesamten Land verteilt werden. Drittens dürfen mit den Öleinkünften neben Lebensmitteln auch Technologien für die Instandsetzung von Wasserversorgung und Kanalisation sowie Geräte für die Ölindustrie gekauft werden, was auch von Beobachtungsteams kontrolliert werden soll. Die Wirtschaft des Iraks wird also nicht nur von Satelliten, das Land überfliegenden Spionageflugzeugen und UNSCOM-Beobachtern überwacht, sondern außerdem jeden Tag durch hunderte von Wirtschaftsprüfern und Marktinspektoren.

Diese Beobachtungsteams sind für das Schicksal der Menschen im Irak und den irakischen Staat eindeutig wichtiger als die UNSCOM-Untersuchungsteams, aber von ihnen wird auf den Pressekonferenzen der Clinton-Regierung kaum gesprochen. Sollten sie aus dem Irak abgezogen werden oder an ihrer Arbeit dort gehindert sein, wäre das Programm »Öl für Nahrungsmittel« null und nichtig und der Irak würde das Recht verlieren, sein Öl zu verkaufen. [3] Faktisch ist es so, daß die USA nur die »Kriegstrommeln« rühren muß, und das irakische Öl verschwindet vom Markt. Das ist sicher eines der geheimen Motive für die Kriegsdrohungen der USA, denn so können sie kurzfristig die irakischen Ölverkäufe kontrollieren. Zum Beispiel erhöhte der UN-Sicherheitsrat am 20. Februar 1998 die irakische Quote für Ölexporte von zwei auf 5,2 Mrd. Dollar [pro Halbjahr], um Saddam Husseins Regierung ihre Unterschrift unter die neue Interpretation der Verträge schmackhaft zu machen. Aufgrund dieser Anhebung könnte die nationale Ölgesellschaft des Iraks ihre Verkäufe auf bis zu fünfzig Prozent der Exporte vor dem Golfkrieg anheben. Das ist aber eine rein theoretische Größe, denn erstens müssen die UNDHA-Inspektionsteams im Irak tätig sein und zweitens müssen zunächst Ersatzteile für die Reparatur von Förderanlagen und Pipelines importiert werden, bevor die nationale Ölgesellschaft des Iraks die Ölförderung auf dieses Niveau anheben kann. Falls die USA wieder mit Krieg drohen oder einwenden, einige der importierten Ausrüstungsgegenstände könnten zum Bau von Massenvernichtungswaffen gebraucht werden, würde der Irak entweder wieder aus dem Markt herausfliegen oder wäre erst gar nicht in der Lage, in ihn einzutreten.

Die Geologie und das erdölproduzierende Proletariat

Ian Chambers, Direktor des Zentralamerika-Büros der ILO (der Vereinten Nationen), erklärte, daß die schätzungsweise 300 Millionen Menschen umfassende eingeborene Bevölkerung auf der Welt, in Gebieten lebt, in denen sich 60 Prozent der natürlichen Ressourcen des Planeten befinden. Daher »ist es kein Wunder, daß es zu einer Unmenge von Konflikten um die Nutzung und Verplanung ihres Landes kommt, wie sie im Interesse von Regierungen und Firmen vorgenommen wird (...). Die Gebiete der Eingeborenen sind in Amerika in erster Linie durch die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen (Öl und Mineralien) und durch den Tourismus bedroht« (Interview mit Martha Garcia, in »La Jornada«, 28.5.97).

»Im Schlepptau dieser Investitionsprojekte kommen Umweltverschmutzung, Prostitution und Drogen; also die Rekonstruktion/Reorganisation der Zerstörung/Entvölkerung des Gebiets« (Subcomandante Marcos 1997).

Die Drohung mit den Bomben zielt nicht nur auf die Menschen im Irak. Wie schon im letzten Golfkrieg geht es gegen alle Menschen überall auf der Welt, die in die Produktion von Öl einbezogen sind und sich nicht völlig den Plänen der großen Ölkonzerne und ihrer amerikanischen und britischen Regierungsverbündeten unterwerfen.

Beim Golfkrieg von 1990/91 war das klar, aber seitdem hat sich die politische Situation dieses erdölproduzierenden Proletariats verändert. Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre revoltierten ArbeiterInnen von Trinidad bis Algerien, von Nigeria bis zum Mittleren Osten gegen die von IWF und Weltbank aufgezwungene Politik der Austerität und strukturellen Anpassung (Ryan 1991; Midnight Notes 1992; Ihonbvere 1992; Walton and Seddon 1994). Sie weigerten sich zu verhungern, während vor ihren Augen und aus ihrem Boden die wichtigste Ware dieses Planeten gefördert wurde, ohne daß sie dafür irgendetwas bekamen. Außerdem wurden sie von der palästinensischen Intifada angestachelt, die zeigte, daß ein Volksaufstand selbst von einem Unterdrücker, der über modernste Technologien verfügt, nicht aufgehalten werden kann. Die Zentren dieses Aufstands waren die Städte (von Port of Spain über Algier und Lagos bis nach Gaza) und seine Forderungen richteten sich an die eigenen Regierungen und an den IWF. Im Mittelpunkt dieser internationalen Intifada gegen die Austerität standen die WanderarbeiterInnen im Mittleren Osten (vor allem die Palästinenser, aber auch die Ägypter und Jemeniten), denn von ihnen drohte ein Umsturz der despotischen, petrokratischen Regime wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Kuwait, die wichtige Geldgeber des IWF und die wichtigsten Verbündeten der USA waren (und sind).

Der Golfkrieg setzte eine völlige Veränderung in der Zusammensetzung der Arbeitskraft im Mittleren Osten durch. Die palästinensischen, ägyptischen und jemenitischen ArbeiterInnen wurden verjagt und damit verschwanden auch ihre bedrohlichen Forderungen nach politischer Anerkennung in Staaten wie Kuwait oder den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo sie die Mehrheit der Bevölkerung dargestellt hatten. Ähnliche Niederlagen ereigneten sich auch anderswo. In Algerien wurde z.B. die Anti-IWF-Bewegung von bewaffneten fundamentalistischen Gruppen abgelöst, die ganze Dörfer niedermetzeln. Die palästinensische Intifada versteinerte zur prekären Kontrolle der PLO über einen Quasi-Staat in der Westbank und im Gazastreifen. Die Quellen der Aufsässigkeit, gegen die sich der Golfkrieg richtete, befinden sich daher heute nicht mehr an denselben Orten.

Die Revolte des Erdölproletariats hat sich seit Anfang der 90er Jahre von den Städten aufs Land verlagert, z.B. nach Chiapas in Mexiko, ins Land der Ogoni in Nigeria, nach Tschetschenien und in die gesamte kaspische Region (siehe z.B. Saro Wiwa 1992, Cecena and Barreda 1995). Diese Menschen fordern Entschädigungen für das Leid, das ihnen durch Erdölsuche und -förderung zugefügt wurde und noch werden wird. Sie haben angefangen, dem verzweifelten Vordringen der Ölindustrie in die letzten unerschlossenen Ölgebiete des Planeten gewaltige Steine in den Weg zu legen. Shell, Chevron und Mobil sind mit denen konfrontiert, »die zurückgelassen wurden«, den Eingeborenen, den Marginalisierten. Von diesen Menschen spricht der zapatistische Subcomandante Marcos, wenn er sich auf die Protagonisten eines »Vierten Weltkriegs« bezieht. Sie stellen sich sowohl gegen die Soldaten ihrer eigenen Regierungen, wie gegen die Todesschwadronen der transnationalen Firmen, die um jeden Preis an das Erdöl kommen wollen, das sich unter ihnen befindet (Subcomandante Marcos 1997). Es sind Menschen, die auf der wichtigsten (und entwertetsten) Ware der Welt leben und die vertrieben und erniedrigt werden müssen, um die Förderung dieser Ware profitabel zu machen.

Diese Menschen, die am »Rand« der industriellen Entwicklung gelebt haben, wurden zwangsweise zu den Protagonisten eines neuen Weltkriegs, weil sich die Wissenschaftler zunehmend darüber einig sind, daß die weltweite Erdölförderung im nächsten oder übernächsten Jahrzehnt seinen Höhepunkt überschritten haben wird. Die Ölfirmen versuchen nun verzweifelt, die letzten verbliebenen Ölreserven dieses Planeten, die alle in bisher unentwickelten Regionen liegen, unter ihre Kontrolle oder in ihren Besitz zu bekommen. Diesen Überlegungen zufolge werden Ölfirmen, die jetzt nicht ihre Claims abstecken, beim Preisboom in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts leer ausgehen, zu dem es aufgrund sinkender Produktion bei steigender Nachfrage kommen soll.

Diese Einigkeit der Wissenschaftler beruht auf Arbeiten von M. King Hubbert in den 50er Jahren. Damals hatte er zutreffend vorhergesagt, daß die Ölförderung der USA außerhalb Alaskas ihren Höhepunkt 1969 erreichen würde. Geologen wie Colin Campbell, Jean H. Laherrere und Craig Bond Hatfield haben die Ergebnisse von Hubbert auf den gesamten Planeten extrapoliert und festgestellt, daß die Zahl und Größe von neuen Erdölfunden seit den 60er Jahren ständig fällt und rapide gegen Null geht (Campbell and Laherrere 1998; Hatfield 1997; Hartshorn 1993: 225-251). Außerdem haben sie festgestellt, daß normalerweise die größeren Ölfelder als erste gefunden werden und daß die Ergiebigkeit neu aufgemachter Ölfelder in der letzten Zeit absinkt. Da der Ölverbrauch jährlich um etwa zwei Prozent ansteigt, während die alten Ölfelder versiegen, neue Felder nur zu hohen Kosten gefunden und ausgebeutet werden können und auch objektiv seltener werden, zeichnet sich ein Preisanstieg von dramatischen Ausmaßen ab.

Demzufolge beruhen alle neu zu erwirtschaftenden Profite in der Ölproduktion auf den geographischen Grenzen des Planets. Aber gerade mit dieser Jagd nach den Grenzen kehren all die Greuel aus der ursprünglichen Phase der Ölproduktion zurück. [4] Die eingeborenen Menschen müssen von ihrem Land vertrieben werden; zuvor unvergiftetes Wasser und Land muß verseucht werden; Kulturen, Menschen und Ökologien müssen vernichtet werden. Aber diese Menschen - von denen in Chiapas, über die Ogonis und die Papuasesen, bis zu den Ecuadorianern - wehren sich gegen ihre Auslöschung und erhalten Unterstützung aus der ganzen Welt. Erstaunlicherweise gelingt es ihnen, den von der Ölindustrie ausgerufenen letzten Vormarsch aufzuhalten. [5]

Ob es sich heute tatsächlich um den »letzten Vormarsch« der Ölindustrie handelt, ist eine andere Frage. Wir sollten der Hubbertschen Version vom »Ende des Öls« in den späten 90er Jahren mit derselben Skepsis begegnen, mit der wir das »Grenzen-des-Wachstums«-Szenario des Club of Rome aus den späten 60er Jahren betrachtet haben. Erdöl ist unvermeidlicherweise von einer ideologischen Aura umgeben. Es ist eine Basisware (d.h. sie geht in die Produktion fast aller Waren ein), der Ölpreis wirkt sich auf den Preis aller anderen Waren und auf die Verteilung des Profits im gesamten kapitalistischen System dieses Planeten aus. Jede dramatische Veränderung des Ölpreises und jede Intensivierung der Suche nach Erdöl geht mit bestimmten Ideologien einher. Die »Grenzen-des-Wachstums«-Ideologie schien auf eine sehr plumpe Weise den Anstieg des Ölpreises und die »Energiekrise« der 70er Jahre zu rechtfertigen und zu erklären (Caffentzis 1992a). Aber der gemeinsam herbeigeführte Zusammenbruch des Ölpreises und der Anstieg der nachgewiesenen Ölreserven in den 80er Jahren, disqualifizierten sie als bloße Rechtfertigung für zukünftige Preisanstiege oder Landenteignungen im Namen des Erdöls (Caffentzis 1992b). Eine subtilere Theorie wurde benötigt. Die Version von Hubbert gesteht zu, daß die Ölreserven für eine gewisse Zeit weiter ansteigen werden, da mit dem Erreichen der Grenzen der bereits entdeckten Ölfelder entwickeltere Technologien eingesetzt werden, um die letzten Tropfen herauszuquetschen. Ihr zufolge wird auch die weltweite Förderung noch eine zeitlang ansteigen, da nun die selteneren größeren Ölfunde in bisher unentwickelten Gebieten hinzukommen. Indem die Hubbertsche Variante vom »Ende des Öls« die Aufmerksamkeit auf einen bevorstehenden historischen Höhepunkt der Ölproduktion lenkt statt auf ihr völliges Versiegen in weiter Ferne, liefert sie eine glaubwürdigere ökonomische Rechtfertigung für einen deutlichen Preisanstieg und gibt den internationalen Ölkonzernen politische Rückendeckung bei ihrer Forderung an die US-Regierung, sie solle jeden Widerstand gegen Erdölsuche und -förderung niederschlagen.

Die fortgesetzte Drohung der USA, beim kleinsten Zeichen von Widerstand Bagdad zu bombardieren, macht klar, daß es so allen gehen wird, die die Rekolonialisierung der Ölfelder unter ihren Füßen durch die internationalen Ölkonzerne und die mit ihnen verbündeten Regierungen der USA und Großbritanniens nicht hinnehmen. In Columbus hatte Minister Cohen paradoxerweise unterstellt, die Menschen im Irak seien zu den Objekten eines militärischen Angriffs der USA geworden, weil sie das Regime von Saddam Husseins Baath-Partei nicht gestürzt hätten und die von den USA vorgeschlagene Rekolonialisierung ihres Landes nicht hinnehmen würden. Damit befinden sich diese Menschen offensichtlich in derselben Lage wie die Zapatisten in Mexiko und die Ogoni in Nigeria, die so dreist sind, die Kontrolle über das Öl unter ihren Füßen zu fordern. Der wesentliche Unterschied zwischen ihnen besteht darin, daß die irakischen Menschen mit einem Krieg hoher Intensität bedroht werden, während die eingeborenen Menschen mit den low-intensity-Formen des modernen Kriegs gequält werden.

Die paradoxe Aussage von Cohen bekam eine noch zynischere Wendung durch seine Versicherung, das US-Militär wolle den Irak nicht besetzen. Stattdessen wolle man die Menschen im Irak bombardieren, denn die US-Regierung befürchte ein Auseinanderbrechen der irakischen Nation! Die US-Regierung hatte noch nie Skrupel, Nationen auseinanderzubrechen, wie sich an ihrer Beförderung der Teilung Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg und der Auflösung Jugoslawiens nach dem Kalten Krieg sehen läßt. Mit dem Auseinanderbrechen des Iraks - z.B. in die drei ottomanischen Provinzen, aus denen das Land entstanden ist: ein kurdisch dominiertes Mosul, ein schiitisch dominiertes Basra und ein kosmopolitisches Bagdad - hat sie Probleme, weil die Ölpolitik der Nachfolgestaaten viel mehr Schwierigkeiten bereiten würde als Saddam Hussein. Erstens könnten die neuentstehenden Nationen behaupten, sie seien für die Schulden und Kriegszerstörungen seines Regimes nicht verantwortlich. Zweitens könnte eine unabhängige kurdische Republik ihren Ölreichtum für die Befreiung ihre kurdischen Brüder und Schwestern in der Türkei, im Iran und in Zentralasien einsetzen. Drittens würde das in Bagdad konzentrierte und technisch ausgebildete Proletariat ein Ende der Austerität (nach ihren Plagen) erwarten und nicht den Austausch der Baath-Partei gegen eine Regierung der IWF-Strukturanpassungsmaßnahmen, die unter der Schirmherrschaft der USA unvermeidlich folgen würde. Viertens würde sich eine Republik in Basra mit dem islamischen Staat des Irans verbünden, der zu einem unliebsamen Konkurrenten bei der Förderung und Vermarktung von Öl aus Zentralasien zu werden droht. Ein von Saddam Husseins Baath-Partei regierter Irak ist ganz offensichtlich für die US-Regierung und die Ölindustrie die beste Wahl.

Den zutreffendsten Kommentar zu den verworrenen Überlegungen von Minister Cohen können wir den Worten eines kurdischen Rebellen aus dem Irak entnehmen, der kürzlich den Schluß zog, »die USA und Saddam sind zwei Seiten derselben Medaille«, während ihm seine Ausweisung in den Irak durch die US-Einwanderungsbehörde (INS) droht. Er war 1994 vom CIA aus dem Irak ausgeflogen und in den USA in »Sicherheit« gebracht worden (WBAI 1998).

Der Golfkrieg und die Globalisierung

Um den Eindruck zu erwecken, das Vorgehen der US-Regierung gegen den Irak sei eine Antwort auf den personifizierten Teufel Saddam Hussein, wird im Moment die gesamte Metaphorik wieder aufgewärmt, die im Golfkrieg zur Dämonisierung des irakischen Staates eingesetzt worden war. Dieser geplante Angriff liegt aber ganz auf der Linie der Politik, die die US-Regierung unter dem Vorwand der »Globalisierung« die gesamten 80er und 90er Jahre hindurch in jeder Region der Welt durchgeführt hat.

In den afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern erfordert die Globalisierung - die auf der vollständigen Kontrolle der weltweiten Ressourcen durch transnationale Konzerne beruht - die Kriegsführung niedriger Intensität, d.h. den Einsatz leicht bewaffneter Gruppen (von Todesschwadronen bis zu »Contras«), deren Ziel nicht der militärische Sieg über den Gegner ist, sondern die Aushungerung und Terrorisierung einer widerständigen Bevölkerung, die den Gegner unterstützt. Wir haben ihre Anwendung in Nicaragua, El Salvador, Mosambik und Angola erlebt. Im Irak scheint die Globalisierung stattdessen einen Krieg auf hohem technischen Niveau erforderlich zu machen. Aber die Logik ist dieselbe.

Die Kriegsführung der USA gegen den Irak kann am besten als aktuelles Gegenstück zum Opiumkrieg des britischen Empires gegen China Mitte des 19. Jahrhunderts verstanden werden. Die Briten betrachteten ihren Krieg als einen Feldzug für den »Freihandel«. Ihr wichtigstes Kriegsziel war es, den völlig verständlichen (aber »protektionistischen«) Widerstand der chinesischen Regierung gegen die Öffnung ihrer Märkte für Opium aus der britischen Kolonie Indien zu zerbrechen (Rowling 1987: 80-84). Im Irak geht es um das Recht der US-Regierung, die Ressourcen des Planeten entsprechend ihrem Belieben kontrollieren zu können, solange sie sich selbst als die Uniform einer internationalen Agentur darstellt, sei es nun die UNO, der IWF, die WTO oder die WHO. So sieht im späten 20. Jahrhundert das aus, was früher als »Naturrecht« der Nationen verkündet wurde, und womit John Locke die Kolonialisierung Amerikas im 17. Jahrhundert rechtfertigen konnte (Arneil 1996). Das ist die Botschaft des geplanten Kriegs - und sie richtet sich nicht allein an das Regime von Saddam Hussein.

Wie sich an der Bemerkung von Jelzin, ein US-Angriff auf den Irak könnte den »Dritten Weltkrieg« auslösen, ablesen läßt, ist auch die russische Regierung stark betroffen (NYT, 5.2.98). Der geplante Angriff auf den Irak ist zugleich ein Angriff auf ihre eigene Zukunft - er begräbt die Hoffnung, der russische Staat und das russische Kapital könnten selber von der Liberalisierung profitieren und die Erdölvorkommen der ehemaligen Sowjetunion müßten nicht zwangsläufig von britischen und US-Ölfirmen monopolisiert werden. Mit der Intensivierung ihrer Strategie der Spannung schickt der US-Staat eine Warnung an die russischen Kollegen: das Management eurer Ölvorkommen muß mit den Plänen der USA übereinstimmen, sonst ...

Der geplante Angriff enthält auch eine Botschaft an die asiatischen Regierungen. Es besteht tatsächlich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Irak und den gesammelten Tigern und Drachen, Indonesien, Thailand, Malaysia und Südkorea. Alle diese Staaten haben den Weg eines nationalstaatlichen Entwicklungsmodells beschritten. In den 80er Jahren war dieser Versuch der asiatischen Länder enorm erfolgreich und schien ein alternatives Entwicklungsmodell für ehemals kolonialisierte Länder zu sein. Letztes Jahr geriet dieses Modell jedoch in die Krise. Die Antwort der USA auf die »Asienkrise« besteht darin, die absolute Kontrolle über ihre Volkswirtschaften zu fordern. So wie die Iraker der US-Regierung jeden verborgenen Winkel in ihrem Land zugänglich machen müssen, müssen die Thailänder, Indonesier und Koreaner »ihre Bücher offenlegen« und dem IWF (der von der US-Regierung unterstützt wird) alle Verträge vorlegen und natürlich genehmigen lassen, um überleben zu können.

Die US-Regierung entwirft die Herrschaft eines globalen Panoptikums (wörtlich: alles ist sichtbar), wo alles, was auf diesem Planeten geschieht, von der US-Regierung (oder den Vertretern einer unter ihrer Kontrolle stehenden internationalen Organisation) gesehen, kontrolliert und gebilligt werden muß. Die USA trachten also nicht nur wie in den 60er Jahren danach, der »Büttel« der Welt zu werden, sondern zu Beginn des 21. Jahrhunderts wollen sie gleichzeitig »Ermittler«, »Aufseher« und »Scharfrichter« sein.

Im allgemeinsten Sinne geht es beim (alten und neuen) Golfkrieg um die Möglichkeit der Nationalstaaten, einen souveränen Weg für das eigene Überleben bestimmen zu können, und um die Möglichkeit eines Volkes, sich aktiv (oder sogar bloß passiv) den Diktaten des Weltmarktes zu widersetzen (die in groben Zügen von der US-Regierung und ihren internationalen Stellvertretern festgelegt werden). Diese Logik ist nicht nur im Fall der ehemals kolonialisierten Länder am Werk, sie betrifft auch die »entwickelten kapitalistischen Länder«. Betrachten wir den Fall des US-Piloten, der bei einem Vergnügungsflug in Italien zwanzig Menschen umbrachte, indem er mit seinem Flugzeug die Seile eines Skilifts kappte, als er unter ihnen durchzufliegen versuchte. Als italienische Beamte das Flugzeug auf der Militärbasis in Norditalien untersuchen wollten, wurden sie von der US-Militärpolizei weggeschickt, die ihnen erklärte, es handele sich um eine interne Angelegenheit des US-Militärs. Als die Italiener nach einer Erklärung für die Katastrophe fragten, teilte die US-Regierung mit, sie würden nur ihre eigenen Landkarten benutzen, nicht diejenigen des Landes, in dem sie stationiert sind, selbst wenn die örtlichen Karten besser und Einrichtungen wie Skilifte in ihnen deutlicher markiert seien! Die imperialistischen Glotzaugen der USA können nur Krieg sehen, wenn irgendjemand ein Geheimnis vor ihnen verbergen will, während ihre eigenen geheimen Landkarten zu göttlichen Maximen für die Auserwählten erklärt werden, egal wie tödlich ungenau sie sind.

Für uns stellt sich die Frage: wie lange wollen wir in den USA noch dieses Programm für den ewigen Krieg hinnehmen? Können wir uns als das bezeichnen, was Frantz Fanon während des Algerienkriegs über das französische Volk sagte, »Schlafende Schönheit«? Können wir die Schlafende Schönheit weiter schlafen lassen, während die Ströme von Blut, die in unserem Namen vergossen werden, weiter anschwellen?

Schlußfolgerungen

Ich will zum Schluß meine Überlegungen zusammenfassen und sagen, was sie für diejenigen bedeuten, die gegen den neuen Golfkrieg angehen wollen.

Erstens richtet sich die angedrohte Bombardierung des Iraks nicht gegen Husseins Baath-Partei, sondern gegen die ArbeiterInnen im Irak. Denn schon die Androhung eines Angriffs würde die Vereinten Nationen zu einem Rückzug ihrer »Öl-für-Nahrungsmittel«-Inspektionsteams veranlassen und den Verkauf von irakischem Öl stoppen. Durch die Bomben würden Tausende sterben, aber die Fortsetzung der Sanktionen und Reparationen wird Millionen umbringen.

Die Sanktionen und Drohungen zielen ganz eindeutig darauf, das Baath-Regime an der Macht zu halten, denn Saddam Hussein hat in der Geschichte gelernt, daß seine Partei nur unter Notstandsbedingungen an der Macht bleiben kann. Die gefährlichste Situation für sein Regime war die kurze Friedensphase zwischen dem Ende des Kriegs mit dem Iran (1988) und der Invasion von Kuwait (1990). Seitdem haben die Regierungen der USA und des Iraks eine wechselseitiges Spiel des Betrugs an der eigenen Bevölkerung gespielt, indem sie die Angst und Wut der Leute bezüglich der Aktionen der jeweils anderen Regierung zur Aufrechterhaltung ihrer eigenen Kontrolle benutzen. Wenn die USA ernstlich am Untergang der Baath-Partei interessiert wären, stände eine umgehende Aufhebung der Sanktionen auf der Tagesordnung.

Ebenso müßten die Reparationen an Kuwait eingestellt werden (nachdem zuvor sowohl die irakische wie die kuwaitische Regierung Entschädigungen an die Palästinenser, die anderen Immigranten und an diejenigen kuwaitischen Arbeiter, die während oder nach dem Krieg ihr Leben, Gliedmaße oder Eigentum verloren haben, gezahlt haben). Diese Reparationen sind eine weitere Methode, mit der das irakische Volk ausgehungert und für die kommenden Jahrzehnten in einer Art Schuldknechtschaft gehalten wird. Warum sollten die Einnahmen aus irakischem Öl an die kuwaitische Herrscherfamilie gehen, die sich während des Kriegs größtenteils in den Kasinos und Hotels in Kairo oder Europa aufhielt?

Zweitens: Die Clinton-Regierung betreibt ihre Strategie der Spannung, um den internationalen Ölmarkt im Interesse der großen Ölkonzerne und ihrer Verbündeten im Mittleren Osten kontrollieren zu können. Die US-Regierung verlangt von allen, die sich an diesen Geschäften beteiligen, daß sie ihre Bedingungen akzeptieren. Im Moment besteht ihre Strategie darin, den Ölpreis zu stabilisieren und/oder zu erhöhen und gleichzeitig überall auf der Welt die Privatisierung nationalisierter Ölgesellschaften durchzusetzen. Die irakische Regierung hat sich jedoch geweigert, ihre Ölproduktion zu privatisieren und ihr Auftauchen auf dem Ölmarkt wird den Ölpreis deutlich absenken. Die US-Truppen sind zu den Wächtern des Weltmarkts geworden, die eine endlose Zahl von Kriegen niedriger, mittlerer oder hoher Intensität führen, um Profite und Marktanteile abzusichern. [6]

Drittens: Wenn du der Auffassung bist, daß die Neue Ökonomische Ordnung, oft als »Globalisierung« bezeichnet, dein Wohlergehen bedroht, dann solltest du Widerstand leisten gegen die Strategie der Spannung und die Kriegsdrohungen der Clinton-Regierung (Midnight Notes 1997). Denn der Krieg wird geplant, um all diejenigen zu verwirren und einzuschüchtern, die sich der Globalisierung widersetzen, d.h. gegen diejenigen, die sich weigern, ihr geologisches Erbe oder sich selber für einen Apfel und ein Ei an die transnationalen Konzerne und ihre supranationalen Verbündeten (den IWF, die Weltbank und die WTO) zu verkaufen.

Nachtrag

Die Clinton-Regierung versucht uns mit Gruselmärchen über die Geheimnisse von Bagdad einzuschüchtern. Es ist vielleicht hilfreich, sich an das Gedicht von Rumi zu erinnern, das wir einleitend zitierten. Die Person, von der das Gedicht handelt, ist ein Lebemann aus Bagdad, der von einem geheimen Schatz träumte, der in Kairo in dem und dem Haus in der und der Straße vergraben sei. Aufgrund seines Traums reiste er nach Kairo. Nach vielen Mißgeschicken gelangt er endlich zerlumpt und bei Nacht in Kairo an und versucht, das Haus mit dem geheimen Schatz zu finden. Es war nun aber so, daß zu dieser Zeit in Kairo eine Recht-und-Ordnung-Mode herrschte und jeder, der sich nachts ohne guten Grund auf der Straße aufhielt, als Dieb festgenommen werden sollte. Dem Gedicht zufolge erzählte er seine Geschichte einem Nachtwächter, der kurz davor stand, ihn ins Gefängnis zu stecken. Der Nachtwächter war zu Tränen gerührt, nicht nur durch die Wahrheit der Geschichte. Er selber hatte einen Traum von einem geheimen Schatz. Aber dieser Schatz war in Bagdad vergraben, in dem und dem Haus in der und der Straße. Als der Nachtwächter den Namen des Hauseigentümers und den Namen der Straße nannte, wurde dem Suchenden klar, daß sich der Schatz in seinem eigenen Haus in seiner eigenen Straße befand. Ohne es laut auszusprechen, wurde ihm bewußt: »Wonach ich suche, das befindet sich in meinem eigenen Haus in Bagdad!«

Diese Einsicht gilt nicht nur für geheime Schätze, sondern auch für geheime Schrecken: während du sie unter Einsatz deiner ganzen Kräfte woanders suchst, befinden sie sich bei dir zu Hause! Stoppt den Krieg!

Literatur:

Armijo-Hussein, N.A. et al. 1991. »The Effect of the Gulf Crisis on the Children of Iraq.« The New England Journal of Medicine. Vol. 325, No. 13, Sept. 26, pp. 977-980.

Arneil, Barbara 1996. John Locke and America: The Defense of English Colonialism. Oxford: Clarendon Press.

Beck, Robert J 1998. »Growth in World Demand for Oil to Ease in 1998.« Oil and Gas Journal. Jan. 26, 76-79.

Caffentzis, George 1992a. »The Work/Energy Crisis and the Apocalypse.« In (Midnight Notes 1992) (dtsch: Arbeit, Entropie, Apokalypse, in: Thekla 12, Berlin 1989).

Caffentzis, George 1992b. »Rambo on the Barbary Shore: Libya, the Oil Price and the US Polled.« In (Midnight Notes 1992).

Campbell, Colin J and Laherrere, Jean H. 1998. »The End of Cheap Oil.« Scientific American, vol. 278, n. 3, March.

Cecena, Ana Esther and Barreda, Andres 1995. »Chiapas y sus recursos esrtategicos.« Chiapas. No. 1.

Clark, Ramsey 1994. The Fire This Time: US War Crimes in the Gulf. New York: Thunder's Mouth Press.

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Hartshorn, J.E. 1993. Oil Trade: Politics and Prospects. Cambridge: Cambridge University Press.

Hatfield, Craig Bond 1997. »Oil Back on the Global Agenda.« Nature, vol. 387.

Ihonvbere, Julius 1992. »Resistence and Hidden forms of Protest Amongst the Petroleum Proletariat of Nigeria.« In (Midnight Notes 1992).

International Petroleum Encyclopedia 1995. »OPEC, Once Powerful, Faces a Cloudy Future.« In (West 1995).

Knott, David 1998. »Oil Price Rallies as US Threatens Iraq.« Oil and Gas Journal. Feb. 2: 26.

Massarrat, Mohssen 1980. »The Energy Crisis: The Struggle for the Redistribution of Surplus Profit from Oil.« In (Nore and Turner 1980).

Midnight Notes 1992. Midnight Oil: Work, Energy, War, 1973-1992. New York: Autonomedia. (Ein Teil der Aufsätze aus diesem Buch ist auf deutsch in Thekla 17: Midnight Oil - Arbeit, Energie, Krieg, Berlin 1993, erschienen. Der Artikel über die Bombardierung Libyens und die US-iranischen »Waffen-Geiseln«-Deals fehlt allerdings in dieser Ausgabe; der Originalartikel bzw. eine Rohübersetzung kann bei uns bestellt werden.)

Midnight Notes 1997. Introduction to One No, Many Yeses. Midnight Notes 12.

Nore, Peter and Turner, Terisa 1980. Oil and Class Struggle. London: Zed.

Rowling, Nick 1987. Commodities: How the World Was Taken to Market. London: Free Association Books.

Rumi 1996. The Essential Rumi. Translated by Coleman Barks. San Francisco: HarperSanFrancisco.

Ryan, Selwyn 1991. The Muslimeen Grab for Power: Race, Religion and Revolution in Trinidad and Tobago. Port of Spain: Inprint.

Saro-Wiwa, Ken 1992. Genocide in Nigeria: The Ogoni Tragedy. Port Harcourt, Nigeria: Saros International Pubs.

Subcommendante Marcos 1997. »The Seven Useless Pieces of the Global Jigsaw Puzzle. Neoliberalism as a puzzle: The Useless Global Unity which Fragments and Destroys Nations« (In French). Le Monde Diplomatique. June. (dtsch.: Le Monde diplomatique 8/97, Beilage zur taz v. 15.08.1997; die deutsche Übersetzung weicht allerdings stark von der spanischen und französischen Fassung ab, teilweise fehlen Sätze, die hier zitiert werden. Anm.d.Ü.)

Walton, John and Seddon, David 1994. Free Markets and Food Riots: The Politics of Global Adjustment. Oxford: Blackwell.

WBAI 1998. »Interview with a Kurdish Doctor.« Democracy Now! March 1998.

West, Jim (ed.) 1995. International Petroleum Encyclopedia. Vol. 28. Tulsa, Okla.: PennWell Pub.

Zachary, G. Pascal 1998. »World Bank Forces Battle of the Dams to the Table.« Wall Street Journal, March 19, p. A13.


Fußnoten:

[1] Ich möchte nicht den Eindruck erwecken, die Baath-Partei von Saddam Hussein solle hier verteidigt werden. Diese Partei orientiert sich nicht an den Idealen der Klassensolidarität oder des Antikapitalismus. Sie hat politische Dissidenten gefoltert und gegen kurdische Rebellen chemische Waffen eingesetzt. Mehr zu diesen Aktivitäten und zur Umwandlung der ursprünglich panarabischen sozialistischen Ideologie der Baath-Partei in eine vom Personenkult gespeiste nationalistische Partei findet sich in CARFDRI 1989. Es ist daher kein Wunder, daß es den USA nicht um die Ausschaltung dieser Partei ging!

[2] Die völkermörderischen Ziele des Golfkriegs begannen unmittelbar nach dem Ende der Bombardierungen bekannt zu werden. Erste Zahlen zu den medizinischen Auswirkungen des Krieges auf Kinder finden sich im »The Harvard Study Team's Report« (Armijo-Hussein u.a. 1991). Genaueres zu den Auswirkungen der Sanktionen auf die irakischen Menschen bei Clark 1994.

[3] Welche Auswirkungen die Androhung eines Militärschlags der USA auf die Arbeit der »Öl-für-Lebensmittel«-Inspektionsteams und damit auf den Ölpreis hatte, wurde von den Ölexperten völlig klar gesehen. Zum Beispiel wurde im »Oil and Gas Journal« Geoff Payne, ein Ölmarktexperte der UBS Ltd. in London, mit den Worten zitiert: »Die Androhung einer militärischen Aktion hat den Markt enorm unsicher gemacht. Dadurch ist auch unklar geworden, welche Zukunft das Öl-für-Lebensmittel-Abkommen der Vereinten Nationen hat. Wenn die USA eine militärische Operation durchführen, können die UN-Teams für die Verteilung der Hilfsgüter nicht dort bleiben. Es könnte sein, daß das Öl-für-Lebensmittel-Abkommen, das eigentlich ausgeweitet werden sollte, gestoppt wird. Aus diesen Gründen hat sich der Ölpreis [Ende Januar 1998] wieder erholt« (Knott 1998).

[4] Viele dieser Greuel wurden in den 20er Jahren den Menschen im Irak von der Britischen Armee und der Royal Air Force angetan, von Bombardierungen der kurdischen Stadt Sulaymaniya bis zu Gasangriffen auf aufständische Stämme. Damit sollte Winston Churchills Direktive gegenüber dem Irak durchgesetzt werden: »Wir müssen den Besitz oder um jeden Preis die unmittelbare Kontrolle über wenigsten einen Teil des Erdöls bekommen, das wir brauchen.« (Siehe CARFDRI 1989: 1-8).

[5] Der überraschende Erfolg der Kämpfe von Eingeborenen gegen die »Moderne« (auch bekannt als »kapitalistische Entwicklung«, auch bekannt als »Enteignung, Ausbeutung, Vernichtung«) kann an der kürzlich von der Weltbank beschlossenen Einrichtung einer »Weltweiten Staudammkommission« (World Damm Commission, WDC) abgelesen werden. Sie soll Regierungen und Industrie mit Umweltschutz- und Menschenrechts-NGOs zusammenbringen, um über »internationale Normen für verträglichen Staudammbau« zu verhandeln. Dies soll das Modell sein, um »ein viel umfassenderes Problem anzugehen, das mit einer Reihe von Industrien verbunden ist, die Bodenschätze auswerten, vom Bergbau bis zur Ölsuche. Es gibt zunehmende Anzeichen dafür, daß solche Projekte durch heftige Kämpfe paralysiert werden könnten, die sich zwischen Regierungen von Entwicklungsländern und ihren Unterstützern aus der Industrie auf der einen Seite und Umweltschützern sowie anderen, die sich über die Schäden für Natur und Menschen Sorgen machen, auf der anderen Seite abspielen. Die Staudämme sind ein Testfall ...« (Zachary 1998). Die WDC gehört zu einem großangelegten Projekt der Weltbank, mit dem die Kämpfe von Eingeborenen eingedämmt und über eine geschickte Einbeziehung der NGOs zur Legitimitation für eine Entwicklung mit neuem Antlitz benutzt werden sollen (Midnight Notes 1997). Wir dürfen dabei nie vergessen, daß die Schrecken einer Kriegsführung geringer Intensität [low intensity warfare] zum sofortigen Einsatz bereitstehen, falls die frisch vereinbarten »internationalen Normen« von den Eingeborenen »verletzt« werden sollten.

[6] Die Aufgaben der militärischen Aufpasser der USA werden sich in Zukunft noch komplizierter und problematischer gestalten. Denn seit dem Golfkrieg sind »neue Wächter« auf dem Ölmarkt aufgetreten, der bisher von der Opec und den großen Ölkonzernen kontrolliert wurde: die Händler auf den Finanzmärkten. »[Sie] haben keinerlei angeborenen Respekt vor irgendetwas auf den Gütermärkten, sei es Öl oder etwas anderes, ... [sie] profitieren vom systematischen Ankauf kurzfristiger Positionen an den rauhen Terminbörsen,« erklärt Edward N. Krapels, Präsident der Energy Security Analysis, Inc. in Washington (West 1995: 9-10). Diese Spieler an den Terminbörsen gedeihen aufgrund der Flüchtigkeit und dem sich ändernden Ausmaß von Unsicherheit. Damit soll nicht gesagt werden, daß der langfristige Ölpreis tatsächlich einfach von den Angebots- und Nachfragekurven der neoklassischen Ökonomen bestimmt wird. Andere (wenn auch sich widersprechende) marxistische Auffassungen vom Wert und Preis des Rohöls finden sich bei Massarat 1980 und Caffentzis 1992.


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