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Augusto Finzi

Die Appropriation in der Fabrik und in der gesellschaftlichen Fabrik

Diskussionspapier für die III. Organisationskonferenz von Potere Operaio in Rom (24.-26.9.1971).
Erschienen als Beilage zu Potere Operaio Nr. 43, September 1971.
Deutsche Übersetzung: Anhang zu Toni Negri, Krise des Plan-Staats, Kommunismus und revolutionäre Organisation. Berlin 1973 (Merve)
Augusto Finzi war Mitglied des Arbeiterkomitees Porto Marghera. Siehe dazu das Booklet zum Dokumentarfilm »Porto Marghera – die letzten Feuer« (Beilage zu Wildcat 78)

Es geht um die Bestimmung einer Etappe der Organisierung, innerhalb derer wir unser Verhältnis zum revolutionären Kampf überprüfen wollen. Ein solches Verhältnis, wie wir es uns denken, muss einigen grundsätzlichen Erfordernissen entsprechen: es muss erstens innerhalb der Klasse, innerhalb des Proletariats, die Materialität des Zusammenstoßes repräsentieren; zweitens muss es die ganze Fremdheit ausdrücken, die notwendig ist für die Zerschlagung des bestehenden Zustandes. Ohne Zweifel muss über die Organisation entschieden werden, über nsere Rolle in genau diesem Punkt, von dem eine politische Linie ausgeht.

Die Entdeckung, dass nicht der Wert der Arbeit existiert, sondern ein »Wert der Arbeit« als Quantität der von der Arbeiterklasse erkannten, erlittenen und reproduzierten Gewalt, war bisher den revolutionären Avantgarden eigen und ist heute die politische Entdeckung des weltweiten Kapitalismus geworden. Die Ideologie der Arbeit – und damit der Plan und damit die Entwicklung – kann nur noch einem frontalen und offenen Zusammestoß mit den Arbeitern, mit der proletarischen Insubordination neu begründet werden. Von hier her rührt die Unmöglichkeit, ein Verhältnis weiterhin zu forcieren, das nicht mehr besteht. Das Ende der Autonomie – oder besser: ihre Stagnation – hat große Bestürzung hervorgerufen, große Schwierigkeiten, neue organisatorische Formen zu bestimmen. Das revendikative Moment, das Moment der Forderungen, ist allzu oft dem organisatorischen vorgezogen worden: das Fehlen einer zentralisierten Leitung hat uns bei unserer Intervention dazu geführt, dass wie die Möglichkeiten, die übrig gebliebene Autonomie in den einzelnen Situationen zu benutzen, überschätzen. Und gerade die Haltung der Gewerkschaften hat bei den Fabrikavantgarden eine Reihe von irreführenden Einschätzungen hervorgerufen.

Wir haben uns nicht ausreichend klar gemacht, welchen Abenteurertums die Reformisten fähig sind, um die Kämpfe abzublocken. Der relativ schnelle Bedeutungsverlust der Fabrikräte hat uns gezeigt, dass sie, ebenso wie andere Elemente, von einem Kapital beiseite geschoben wurden, das mehr denn je entschlossen ist, die Entwicklung – und damit die Abfolge Autonomie – Forderungen – Organe der Selbstverwaltung – zu bremsen, solange nicht die revolutionäre Bewegung geschlagen ist. Und so sind auch die Gewerkschaften, die treuen Knechte, erneut von ihrer gesellschaftlichen Führungsposition zurückgedrängt worden und in ihnen selbst wird der Kampf eröffnet, um das Vertrauen der Unternehmer wieder zu gewinnen.

Die politische Praxis des vergangenen Jahres, die Erprobung einiger organisatorischer Instrumente wie der politischen Komitees und ihrer Grenzen, liefert uns aureichende Elemente für eine zweifellos noch unvollständige Analyse der Entwicklung der Kämpfe und der Entscheidungen, die wir heute fällen müssen. Wo sich die Komitees gebildet und entwickelt haben, sind in ihrem Innern beträchtliche Schwierigkeiten entstanden, was die Praktizierung einer Linie gemeinsamer Kampfetappen betraft, die auf einer Hypothese beruhrten, dasss innerhalb der kapitalistischen Krise die Massenbewegung weiter bestehen würde. Diese Hypothese wurde unsererseits vor allem von einem entschlossenen Willen zum Zusammenschluss am Leben gehalten. In Wirklichkeit hatten wir schon lange in der politischen Krise des Kapitals und in dem Ende des Verhältnisses Autonomie – Entwicklung die Hauptfaktoren bestimmt, die der autonomen Entwicklung der Massenbewegung, die mit den Kämpfen 68-70 entstanden war, ein Ende setzten. Gewiss, wir haben in diesen Monaten die Analyse der Krise nicht bis zum Ende geführt: eine Krise, die die abgewirtschafteten demokratischen Institutionen kaum berührt hat, ist von der politischen Schicht des Kapitals zu einer Krise des Werts der Arbeit gemacht worden. Die Krise der Fähigkeit zu Kontrolle über die Bewegungen der Arbeiterklasse wurde von den Kapitalisten als Möglichkeit akzeptiert, um zu verifizieren, ob für sie als politische Klasse, die sich in einem solchen Prozess formiert, es möglich sei, ein günstigeres Ausbeutungsverhältnis herzustellen. Die Krise stellt sich jetzt als neues, riesiges Spiel dar, wo das Geld seine Gestalt als allgemeines Äquivalent, als Weltgeld ablegt. Die Rolle des Geldes als Form der Ware zu negieren, heißt, allgemein die Karten neu zu mischen, die Beziehungen zwischen den Ländern – und damit die Klassenbeziehungen – auf ihren brutalen, d.h. politischen Aspekt der Kräfte- und Machtverhältnisse zurückzuführen. Der Klassenkampf als Motor der Entwicklung verspricht in dieser Phase einen zu geringen Erfolg: die Kräfte, die er aufzehrt, lassen sich nicht in aureichende politische Macht für die Kapitalistenklasse umwandeln. Der Reformismus reicht nicht mehr aus, um die revolutionären Ansätze zu bremsen und wird eine Stufe niedriger angesiedelt: über allem und allen ist es nur der Staat der Repression, der als Garant der Ordnung und des sozialen Friedens das Kapital lenkt.

Der Bruch des Verhältnisses Autonomie – Entwicklung, der die Instabilität abwehren soll, bedeutet in kapitalistischer Sicht eine Vertiefung der Krise, die Schaffung neuer Teilungen, neuer Schichtungen innerhalb des gesellschaftlichen Ausbeutungsapparats. Wird die Krise als technologischer Sprung, der nur bestimmte Sektoren vorzieht, der Arbeiteraristokratien und Arbeiterghettos schafft, notwendig, so wird die Planung abgelehnt, da die Krise zuallererst die vom Plan zu respektierenden Grenzen abstecken muss. Entsprechend hat der Staat als Zerstörer des Reichtums – und darunter muss vor allem die Zerstörung des größten Reichtums des Proletariats verstanden werden, nämlich seiner revolutionären Organisation –, angesichts der Gefahr, dass der Arbeiter- und der Studentenkampf sich mit dem Kampf des gesamten Proletariats zuusammenschließt, gewaltsam reagiert.

Die Schnelligkeit, mit der das Kapitalis als Antwort auf seine Totengräber seine Karten ausspielt, macht deshalb auf unserer Seite neue Taktiken erforderlich, eine Beschleunigung im Konstruktionsprozess der Organisation für den Kommunismus. Diese Fähigkeit, diese Wendigkeit nicht zu haben, heißt in der Realität bloß schweben und, allen Strömungen ausgesetzt, im Reformismus zu enden.

Die Unmöglichkeit, an diesem Punkt die revolutionäre Organisation auf der bloß revendikativen Ebene voranzutreiben, hat schon die Anwendbarkeit einer neuen Kampfform gezeigt, die die Vermittlungen und Verhandlungen ablehnt und sich auf die Ebene der unmittelbaren Aneignung des Einkommens stellt; die also die Eroberung eines Bereichs, eines Feldes für die umfassende, territoriale und zentralisierte Organisation erzwingt.

Politischer Lohn

Die Aneignung des Reichtums, des gesamten gesellschaftlichen Reichtums durch die vorwärtstreibenden Kräfte der revolutionären Organisation ist die Anwort, die die Geltung des kapitalistischen Kommandos in eine Krise versetzen kann. In einer Gesellschaft, wo die Selektion, die Fragmentierung der einzige Weg für die individuelle Aneignung ist (wobei diese letztere als quantitatives und qualitatives Symbol der Macht erkannt wird), bedeutet der Weg der massenhaften Aneignung für die Organisation, sich als Verhandlungspartner zu verweigern, jegliche bloß revendikative Rolle aufzugeben, um sich unmittelbar und offen gegen den Staat, gegen die organisierte Gewalt der herrschenden Klasse zu stellen. Das soll kein Alibi sein, um sich von der Fabrik zurückzuziehen, sondern die Feststellung, dass der Arbeiterkampf, um antikapitalistisch zu sein, an diesem Punkt die Geltung des Kommandos, die allgemeinen Regeln der Ausbeutung anzugreifen hat, in einem Augenblick, in dem aufgrund genau entgegengesetzter Motive das Kapital selbst versucht, diese Regeln neu zu bestimmen. Und ebensowenig soll dies eine neue Einkleidung für eine These wie etwa die von der Gegenmacht sein. Die Geschichte der Arbeiterklasse ist die Geschichte der Parzellierung der Arbeit, aber auch der fortschreitenden Entfernung der einstigen Besitzer der Produktionsmittel von ihren Produkten und die Geschichte ihres Versuchs, diese sich auf dem Weg der Kapitalakkumulation wiederanzueignen. Diese unaufhörliche Aufteilung der Arbeit (und Wiederzusammensetzung des Kapitals) hat den Übergang von einer Macht, die sich vom ausschließlichen Eigentum an den Produktionsmitteln ableitete, zu einer Macht als Kommando über die Arbeit und als allgemeine Kontrolle über die Gesellschaft bewirkt. Mit all dem ist nicht nur das Thema der Arbeitermacht als Macht über die Produktionsmittel inaktuell geworden, sondern es hat sich – aus der Perspektive der Kontinuität des Arbeiterkampfes – die Unterscheidung zwischen produktiver und unproduktiver Arbeit zutiefst verändern. Im Innern der Fabrik selbst hat die Parzellierung der Arbeitsvorgänge jegliches Verhältnis zwischen Arbeit und Produkt zerstört. Innerhalb der Fabrik ist das Entscheidende, das, was hervorgehoben werden muss, das Verhältnis zwischen Arbeit und Kommando; was den Arbeiter vom Proletariat unterscheidet – ohne dass dies einen Gegensatz bedeutet –, ist, dass innerhalb der Fabrik der »Wert der Arbeit«, das Maß an Gewalt des Kapitals bestimmt wird, und dass an dieser Ebene das Proletariat in seiner Gesamtheit sich misst. Gerade innerhalb der Fabrik entsteht die Spaltung, dass sie hier ihre ideologisch widerstandsfähigste Gestalt annimmt, insofern, sie einerseits in den Kämpfen der Massen, die das Bestehende ablehnen, und andererseits in dem Frieden der Wissenschaft, des technologischen Fortschritts, die als menschenfreundliche und unantastbare Idole dargestellt werden, geprägt wird.

Aneignung muss von der Fabrik ausgehen

Deshalb darf eine Praxis der Appropriation die Fabrik nicht auslassen, darf in umfassender Weise nicht angegangen werden, ohne von der Fabrik auszugehen und sich gegen die Fabrik zu wenden. Appropriation in der Fabrik bedeutet nicht nur, das Akkumulationsverhältnis anzugreifen, sondern die Organisation aus den Angeln zu heben, die dessen Existenz sichert. Die Arbeitszeit auf der Basis der organisatorischen Stärke, der organisierten Drohung, ohne Absprachen und ohne Verhandlungen zu erkämpfen, heißt, die Macht der Unternehmer abzuwerten und sich als Geld-Ware zu negieren.

Gewiss, in der Fabrik existiert mehr als anderswo die Gefahr, dass sich in solchen Überlegungen eine Logik der Selbstverwaltung festsetzt, ein gleichsam »verantwortliches« Verhalten bei einigen Arbeiteravantgarden. Dies ist eine Gefahr, die mit der Benutzung revendikativer Taktiken (und mit den darauffolgenden Bündnissen) verbunden ist; es ist eine Gefahr, die wirksam wird, wenn das Programm der Appropriation nur auf die Fabrik, oder nur auf den Stadtteil, oder nur auf die Schule beschränkt bleibt. Der Angriff der Proletarier auf die Supermärkte, die Weigerung ganzer Stadtteile, die Miete, den Strom, die Steuern usw. zu bezahlen, die eigenmächtige Reduktion der Arbeitszeit können genausogut Kampfepisoden im Sinn der Selbstkontrolle, der Befriedung unterentwickelt gehaltener Bedürfnisse sein, wenn sie nicht angemessene Kommunikationsinstrumente finden, die sie in einen allgemeinen Zusammenhang des proletarischen Sturms auf den gesellschaftlichen Reichtum bringen. Welchen Sinn hätte zum Beispiel die eigenmächtige Reduktion der Arbeitszeit, wenn dann der Lohn gekürzt wird, oder der Mietstreik, wenn andererseits Überstunden akzeptiert werden? Das heißt nicht, dass wir warten müssen, bis alle sich zusammenschließen, und dann erst zu kämpfen beginnen können: das wäre opportunistisch. Aber es muss klar sein, dass das, worauf wir ab sofort aus sein müssen, und zwar mit größerer Genauigkeit und Festigkeit als in der Vergangenheit, die Homogenität in der Organisierung, die Beschleunigung und die Zentralisierung der einzelnen Exekutivfunktionen ist.

Die produktive Rolle verweigern

Es ist offensichtlich, dass das Aufstellen der Losung von der Appropriation in der Fabrik heißt, dass im territorialen Bereich das gefunden werden muss, womit der Kampf bezahlt wird, dass die Aktionen in der Fabrik und in proletarischen Sektoren durch eine koordinierte Intervention verbunden werden müssen, die fähig ist, allen Entwicklungen der Situation zu folgen, die offensiven und defensiven Mittel zu liefern und gleichzeitig stablie organisatorische Kanäle zu bilden, die erneut kurzfristig brauchbar sind.

Der Herbst ist unter diesem Gesichtspunkt unsere erste Etappe: Mieten, Verkehrsmittel, Schule als Bereich der Appropriation gegen die Leere, in die das Kapital Arbeiter und Proletarier drängen will, gegen die Leere, die der Reformismus mit seinem Jammern angesichts der steigenden Preise und der bevorstehenden Arbeitslosigkeit verbirgt.

Schon schicken sich die Totengräber der Massenkämpfe an, die geeigneten Spaltungen zu schaffen, die Forderungen nach mehr Arbeit, für eine gerechte Ausbeutung. Gegen dieses liquidatorische Programm müssen wir uns wenden, indem wir mit allen Mitteln die Vereinheitlichung vorantreiben und die Möglichkeit, einen quantitativen Sprung in den Kämpfen hervorzubringen. Wir müssen jegliche Position ablehnen, die das reformistische Spiel begünstigt, die in der Spaltung ein unüberwindbares Hindernis sieht, die faktisch eine Begrenzung der Kämpfe rechtfertigt unter dem Vorwand der besonderen Situation. In diesem Sinn müssen die politischen Komitees Prüfstein einer Einheit für den Angriffskampf sein. Diese Organisationsformen wollen wir ebenfalls benützen, um die Gelegenheiten für die Herstellung von Einheit in der Entfaltung der Kämpfe zu realisieren. Nicht aus selbstgefälliger Kurzsichtigkeit, sondern weil wir das Problem der Partei für nicht gelöst, und von uns aus allein vielleicht für nicht lösbar halten. Diesen Weg einschlagen heißt jedoch, den Kampf als Element einbringen zu können, als wirkliches Unterscheidungskriterium, das die tönernen Organisationen aufreibt und den revolutionären Prozess beschleunigt.

Die Proletarier in den Stadtteilen und den Dörfern, die Pendler der Betriebe und der kleinen Fabriken sind politische Subjekte gleichen Gewichts wie die Arbeiter der Großindustrie: sie als Bezugspunkt für die Organisierung der Aneignung zu wählen, ist eine Garantie gegen jegliche Abweichung im Sinn von Selbstverwaltung. Es muss jedoch klar sein, dass, wenn von der Fabrik ausgegangen wird, die Organisation sich entwickeln muss auf der Grundlage des Bedürfnisses der Arbeiteravantgarden, die Arbeit, die produktive Funktion als positive soziale Rolle, die dem Arbeiterinteresse entsprechen soll, zu verweigern: denn es handelt sich hierbei in Wirklichkeit um eine Scheinfunktion, die einzig das kapitalistische Kommando aufwertet. In der Praxis handelt es sich darum, den revendikativen Bereich zu verlassen, um die entscheidenden Übergänge aufzudecken, die zum politischen Lohn, zur Verweigerung der Arbeit führen. Es sind dies keine bekannten, erprobten Übergänge: der Kommunismus ist noch nicht geboren. Gewiss, sowenig wir uns Gedanken machen über die Pläne zur Rettung der Volkswirtschaft, sowenig kann uns irgendeine Vorwegnahme als Linse dienen, durch die wir unsere Aktionen als deformiert oder vergrößert erkennen könne. Wir verwechseln bestimmt nicht die Organisierung des Streiks gegen die Stechuhr mit dem Sieg über den Kapitalismus, und wenn Arbeiter und Proletarier, Beschäftigte und Arbeitslose in den Werkskantinen gratis essen, sagen wir nicht, dass die Fabrik uns gehört oder eine Arbeiterfabrik geworden ist. Der Arbeiter der Außenbezirke, der Arbeiter der proletarischen Viertel sucht nicht ein menschlicheres Verhältnis zur Fabrik, sondern hoffe, wenn auch vergeblich, ihr zu entfliehen, sich ihr zu verweigern. In der Tat erkennt er seine Schwäche, die Tatsache, dass er, als Arbeiter, nicht aus dem Verhältnis zur Arbeit heraustreten kann. Alle seine Kämpfe hat dieser Massenarbeiter innerhalb einer Realität durchlebt, die vom Fehlen der revolutionären Organisation deformiert wurde. Was in diesem Vakuum an spontaner Arbeitersubversivität bleibt, hat man mit Reden über den Sozialismus, über Arbeit für alle und über menschlich konstruierte Fabriken zu unterdrücken versucht. Jenen Bezugspunkt wieder zu erobern, heißt, in ihrer ganzen Bedeutung das Konzept von einer Etappe, einer Etappe der Appropriation aufzugreifen. Die Organisation, ihre Instrumente, ihre Phasen und ihre Formen, die Geltung des politischen Komitees als Vereinheitlichungsprojekt müssen gemessen werden an dem Programm und nicht an Prinzipienerklärungen: ein Programm, das die unmittelbare Aneignung der ewigen Scheiße der Tarifverhandlungen entgegensetzt. Die Momente gemeinsamen Kampfs zwischen Arbeitern verschiedener Sektoren, zwischen Beschäftigten und Nichtbeschäftigten müssen erproben, wie weit entfernt wir von jeglicher gewerkschaftlicher Praxis und von jedem verhandlungsbereiten Opportunismus sind. Der politische Lohn als Wachstum des gemeinsamen Kampfs, des Kampfs, der mit der akkumulierten Arbeit und nicht mit Gegenleistungen der Arbeiter bezahlt wird, ist der Bereich der Vereinheitlichung, der dem falschen Bereich der Tarifverträge entgegengesetzt werden muss. Wir werden noch mit gewerkschaftlichen Kämpfen rechnen müssen, aber mehr als in der Vergangenheit müssen wir es ablehnen, uns hinter diesen Kampfformen zu verstecken, denn nicht dies sind die Ziele, die die Massenbewegung auf ein bedeutendes Niveau heben. Der Wiederaufschwung der Massenbewegung gegen die Arbeit, gegen den Staat als Zerstörer des Reichtums und der Organisation enthält entweder in ausdrücklicher, für alle sichtbarer Gestalt die revolutionäre Stoßkraft oder er wird, wenn wir an diesem Punkt des Zusammenstoßes angekommen sind, eine Bewegung sein, deren Leben sich an den Phasen des kapitalistischen Zyklus misst. Die neuen Avantgarden herauszufinden, sie auf der Basis einer Praxis der Aneignung zu verbinden – das ist die Bedingung, um die Bewegung voranzutreiben, um dem Kampf wieder Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die Schwierigkeiten des politischen Komitees werden sich notwendig enorm vergrößern, wenn die Etappen nicht dadurch bestimmt werden, dass die revolutionären Avantgarden das gesamte Gewicht der Führung der Kämpfe, das gesamte Gewicht der ständigen Suche nach einer direkten Beziehung zu den Massen sofort akzeptieren. Die Vereinheitlichung des Territoriums gegen den gewerkschaftlichen Kampf erfordert eine immer komplexere Rolle und eine schnellere Bildung von Avantgarden als im Augenblick.

Die Avantgarde ist immer in der Minderheit

Die politischen Komitees können in diesem Sinn eine wichtige Funktion haben: als einzige Möglichkeit wirksamer Ausbildung von Kadern, die den Zusammenschluss nicht zu einer theoretischen Frage macht, sondern ihn angeht, indem sie ihn der Überprüfung in der Aktion unterzieht, – einer Aktion wie der der Aneignung, die wir entfalten können müssen mit dem Wissen, eine Minderheit zu sein. Die Avantgarde ist immer in der Minderheit, aber nur die Ablehnung eines Minderheiten-Verhaltens lässt sie aus der Isolierung herauskommen und ermöglicht es ihr, alle organisatorischen Mittel zu erobern.

Die politischen Komitees müssen – außerhalb der Zweideutigkeit einer Definition, die sie in einem unbestimmten Zwischenbereich zwischen Massen- oder Bewegungsorganen und Strukturen, die die organisatorische Gliederung der Partei vorwegnehmen, belässt – heute folgende Aufgabe, folgende Charakteristika übernehmen: sie müssen Massenorganisationen sein, die den proletarischen politischen Kampf in dem Bereich organisieren, der heute sich ihnen aufdrängt, jenen allgemeinen Kampf um die Appropriation in der Fabrik und auf territorialer Ebene: sie müssen Strukturen des Zusammenschlusses der Avantgarden der Bewegung werden, die die Dringlichkeit, das politische Bedürfnis der Arbeiter nach der Partei erfassen und umsetzen, die auf dem Weg über bestimmte Etappen die Konstruktion der revolutionären Organisation vorantreiben, befördern und forcieren.

 

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